Mehr Lust auf Sex: Die 7 Schlüssel zu einer erfüllenden Sexualität
Es gibt ja diesen Witz, wo ein Mann den anderen fragt: «Du, weshalb läuft deine Ehe nach all den Jahren immer noch so gut?»
Und der Mann antwortet: «Wir haben zweimal die Woche Sex. Ich dienstags, meine Frau donnerstags.»
Vielleicht fragst du dich auch, ob DAS die Lösung ist? Sich in der Fremde das holen, was man in der Partnerschaft vermisst und vergebens sucht? Ob die Beziehung auf Dauer das Auslagern von Sex aushält oder ob sie dann doch in die Brüche geht?
Bei vielen Paaren, die seit längerem zusammen sind, ist Sex DAS Streitthema. Manchmal wird es dann auch ganz unter den Teppich gekehrt, weil man sich nicht mehr findet. Wenn auch du vor der Wahl stehst: «Bleibe ich verheiratet und verzichte auf Sex oder lasse ich mich scheiden», könntest du dir zunächst die Frage anders stellen: «Wie kann ich die Probleme meiner Ehe lösen, verheiratet bleiben und zu einer erfüllenden Sexualität mit meinem Partner finden?»
Im Artikel Sexuelle Unlust bei Frauen und Männern: Psychologische Auslöser eruieren und Libido steigern habe ich beschrieben, Welche psychologische Themen hinter den Problemen bei der Sexualität stecken können.
In diesem Artikel hier geht es darum, dir Wege aufzuzeigen, wie du mit deinem Partner zu einer erfüllenden Sexualität finden kannst.
1) Stelle dich deinen Ängsten
Warst du auch schon überzeugt davon, dass du beim nächsten Mal Sex deinem Partner mitteilen würdest, wie du gerne einen Teil des Vorspiels oder eine neue Stellung ausprobieren möchtest? Und du warst dir vollkommen sicher, dass du ihm das sagen würdest? Halt nicht dieses eine Mal, sondern beim nächsten Mal Sex dann?
Eine Woche später ist es soweit: Ihr habt Sex! Und du sagst:
NICHTS!
Nada. Niente. Niets. Rien. Nothing. Nic. Nekas.
Du bist so still wie ein Kirchengänger, der ob der faden Sonntagspredigt fast vom Bänkchen kippt.
Und dann denkst du dir: Moment mal, das hat nicht geklappt. Ich hab nichts gesagt. Das hat halt diesmal nicht gepasst. Beim nächsten Mal teile ich ihm meine Wünsche mit. Grosses Indianerehrenwort.
Und was passiert beim nächsten Mal?
Du sagst wieder nichts!
Gopfärt*%&?!+*&!!
Dir schrillen tausend Fluchwörter im Kopf herum und du könntest dir selbst mit jedem unausgesprochenen Wort den Hals umdrehen.
Dein Frust sitzt tief. Sehr tief.
Ja, wenn du doch so gerne eine Veränderung reinbringen möchtest: Weshalb sagst du dann nichts?
Weil du unglaubliche Angst hast! Eine tiefsitzende Angst, die dich und deinen Hals so lähmt und blockiert, dass du nichts sagen kannst. Du musst erst mal erkennen, dass tief in deinen Knochen eine Angst sitzt. Solange du das nicht weisst, kannst du auch nichts daran ändern. Erst wenn du erkennst, dass dich Ängste hemmen und erst, wenn du gelernt hast, mit deinen Ängsten umzugehen, kannst du das aussprechen, was du dir wünschst und so eine erfüllende Sexualität geniessen. Ängste spielen eine unglaublich grosse Rolle beim Thema sexueller Unlust. Weil diese so allumfassend sind, habe ich ihnen einen separaten Artikel gewidmet: Sexuelle Blockaden lösen: Raus aus diesen 7 Schlüsselängsten
2) Steigere deine Lust: Nimm den Druck weg
Hast du keinen Bock mehr auf Sex und möchtest am liebsten ganz darauf verzichten? Oder ist es genau umgekehrt: Hast du Lust auf mehr Sex, aber die Libido deines Partners schwächelt?
Die meisten Beziehungen leiden irgendwann unter diesem Konflikt: Der eine Partner möchte mehr Sex als der andere. Das führt dazu, dass sich derjenige Partner mit dem geringeren Verlangen irgendwann unter Druck gesetzt fühlt. Und je länger es nicht mehr zu Sex kommt, desto stärker nimmt er diesen Druck wahr. Gleichzeitig hat dieser Partner die Kontrolle darüber, wie oft es zum sexuellen Kontakt kommt.
Wenn in deiner Beziehung ein Ungleichgewicht im Verlangen besteht, können folgende Fragen dabei helfen, der Ursache auf die Schliche zu kommen:
- Weshalb fühle ich mich unter Druck gesetzt?
- Setze ich mich selbst unter Druck? Oder ist es der Partner, der mich mit seinem Verhalten stresst?
- Was bräuchte ich, damit ich keinen Druck mehr spürte?
- Was müsste sich für mich in der Partnerschaft verändern, dass ich mich wieder auf Sex einlassen könnte? Was kann ich dazu beisteuern? Welche Veränderung wünsche ich mir vom Partner?
- Wie kann ich meine Fähigkeit stärken, diesen Druck auszuhalten? Wie kann ich mich selbst auffangen?
3) Mehr Lust auf Sex: Achte auf deine Gedankengänge
Die Frage ist nicht, ob deine Gedanken während eurer sexuellen Begegnung abschweifen, sondern WOHIN sie wandern. Hinderliche Gedanken könnten zum Beispiel sein: «Wenn er schlaff wird, habe ich wieder alles verdorben…» oder «Hoffentlich komme ich nicht zu schnell…» oder «Wie abtörnend er mich heute wieder anfasst…».
Deine Gedanken können der Schlüssel sein, wenn es um sexuelle Blockaden und Unlust geht. Deshalb ist es sehr hilfreich, diese zu beobachten und allenfalls auch mal zu notieren und später mit deinem Partner darüber zu sprechen.
FRAGE DICH:
- Welche Gedanken wandern mir VOR dem Liebesakt durch den Kopf?
- Welche Gedanken wandern mir WÄHREND dem Liebesakt durch den Kopf?
- Welche Gedanken wandern mir NACH dem Liebesakt durch den Kopf?
- Was könnte Positives passieren, wenn ich meinen Partner an meinen Gedanken teilhaben würde?
- Was hält mich davon ab, mich meinem Partner ganz zu öffnen?
- Sind Ängste im Spiel? Falls ja, welche?
- Welche Fantasien habe ich, die ich meinem Partner nicht mitzuteilen wage?
4) Mehr Lust auf Sex: Stelle Verbundenheit her
In meinen Augen ist Verbundenheit DER Schlüssel zu einer erfüllten Sexualität. Ohne Verbundenheit bleibt die Sexualität irgendwann auf der Strecke und sexuelle Unlust macht sich breit. Mit der Zeit nimmt die starke Lust und prickelnde Erregung, die man am Anfang für den Partner gespürt hat, ab, die Verbundenheit sollte jedoch zunehmen. Verbundenheit bedeutet, dass man sich während der sexuellen Begegnung dem Partner vertrauensvoll öffnen kann. In der Verbundenheit kommt es zur Entspannung und Entschleunigung, man begegnet einander achtsam, respektvoll und wertschätzend. In einer solchen Atmosphäre kann die Sexualität neu erfahren und als bereichernd und erfüllend wahrgenommen werden.
Leider ist es gerade dieses wichtige Puzzle der Verbundenheit dasjenige Teilchen, das in Beziehungen irgendwann verloren geht. Ängste, Druck, Erwartungen stören die Verbindung zum Partner. Wir beschäftigen uns während dem Sex lieber mit unseren eigenen Themen und verschliessen uns dem Partner mehr und mehr. Wir wollen ihm unsere Schwächen nicht zeigen! Wir möchten nicht verletzt werden! Schaffen wir es hingegen, uns unseren Ängsten zu stellen, unsere Verletzlichkeit anzunehmen und die Erwartungen nicht an einen Orgasmus zu koppeln, kann sich die Begegnung mit dem Partner neu entfalten und die Sexualität die Partnerschaft sogar bereichern.
Verbundenheit kann hergestellt werden durch
- Umarmen
- Blickkontakt
Umarmen
Umarmst du deinen Partner im Alltag? Und da meine ich jetzt nicht ein paar wenige Sekunden am Morgen beim Verlassen des Hauses, sondern wöchentlich ein paar Minuten? Steht ihr da und umarmt euch? Ohne Bewegung, ohne Erwartung, ohne Hintergedanken?
Nicht, oder?
Was wäre, wenn ihr euch die Zeit dafür nehmen würdet?
Du kannst das gerne mal ausprobieren. Teile deinem Partner mit, dass du ihn einfach umarmen möchtest. Nur dastehen und halten. Zehn Minuten lang. Möglicherweise wirst du eine Anspannung beim Partner wahrnehmen oder sogar eine Verkrampfung, denn es ist am Anfang ungewohnt. Vielleicht fühlst auch du dich unwohl dabei. Die Frage ist: Weshalb? Was löst diese simple Umarmung in dir aus?
Angst? Unruhe? Erstarrung?
Vielleicht möchtest du dich sogar nach wenigen Sekunden aus der Umarmung lösen und flüchten. Achte darauf, was in dir abläuft, welche Emotionen ausgelöst werden und was deine Empfindungen sind.
Tausche dich nach der Umarmung mit deinem Partner aus. Führt sie immer mal wieder aus und würdigt, was sich mit der Zeit verändert.
Blickkontakt herstellen
Wie praktizierst du Sex? Mit offenen oder geschlossenen Augen?
Die meisten Menschen halten beim Sex die Augen zu. Dies hat einerseits damit zu tun, dass man sich mit geschlossenen Augen viel besser auf die eigenen Empfindungen konzentrieren kann. Andererseits ist für viele Menschen die Nähe, die durch den Blickkontakt mit dem Partner entstehen kann, kaum auszuhalten. Manche Menschen schliessen die Augen auch, weil sie sich so ihren Fantasien hingeben können, anstatt den realen Partner zu sehen.
Es kann zu einer neuen Erfahrung kommen, wenn ihr euch beim Sex anschaut und eure Augen sich begegnen dürfen. Das stärkt die Verbindung zueinander und schweisst zusammen – oder es löst Fluchtgedanken aus. Je nachdem, wie du Nähe und Verbundenheit in der Vergangenheit erlebt hast, kannst du dich durch Augenkontakt entblösst, durchleuchtet oder verletzlich fühlen.
Da Augenkontakt ein Puzzleteil zu einer neuen Art der sexuellen Begegnung ist, empfehle ich dir, dies immer wieder mit deinem Partner zu praktizieren und euch über eure Wahrnehmungen auszutauschen.
5) Für mehr Lust auf Sex: Sorge für Abwechslung
Nebst dem Herstellen der Verbundenheit ist Abwechslung das A und O einer erfüllenden Sexualität. Da wir Menschen Gewohnheitstiere sind, haben wir uns irgendwann an einen bestimmten Ablauf gewöhnt:
Die Missionarsstellung ist doch ganz bequem, am Cunnilingus gibt es nichts mehr auszusetzen, die Berührungen am Körper fühlen sich angenehm bis betörend an. Und so schleicht sich mit der Zeit beim Sex eine Vorgehensweise ein, die immer vorausschaubarer wird. Zwischen den Laken macht sich Langeweile breit anstatt lustvoller Ekstase.
Teile deinem Partner deine Wünsche, Fantasien und Empfindungen mit und sorge so für Abwechslung. Es gibt auch unzählige Bücher, die dich dabei unterstützen können, deine Sexualität zu verbessern (z. B. jene von Diana Richardson).
Fragen, die du dir in Bezug auf die Abwechslung stellen kannst:
- Dauert bei uns die sexuelle Begegnung immer ähnlich lange? Was möchte ich in Bezug auf die Dauer ausprobieren?
- Welche Stellungen möchte ich gerne ausprobieren?
- Was möchte ich am Ablauf ändern?
- Wo möchte ich zur Abwechslung auch gerne berührt werden? Wie möchte ich dort berührt werden?
- Was könnten wir in Bezug auf das Tempo und die Art der Bewegung versuchen? Langsameres oder schnelleres Stossen, kreisende Bewegungen, harter oder sanfter Sex…
- Was wünsche ich mir sonst noch? Rollenspiel? Spezielles Outfit? Sex-Spielzeuge?
Eventuell kann auch jeder separat eine Wunschliste erstellen, über die ihr euch anschliessend austauscht.
6) Nimm den Fokus weg vom Orgasmus
Hast du dir mal die Frage gestellt, mit welchem Ziel du und dein Partner Sex habt? Worum geht es DIR bei eurer sexuellen Begegnung, worum geht es IHM?
Es ist aufschlussreich und erhellend, wenn du dich mit dieser Frage beschäftigst, weil da ganz viel mitschwingt, über das du dir eventuell noch nie Gedanken gemacht hast.
Zum Beispiel ist es denkbar, dass für dich der krönende Abschluss von Sex immer ein Orgasmus ist. In deinen Augen ist Sex ohne Orgasmus = schlechter Sex. Also berührst du jeweils mit diesem Ziel den Partner. Alles, was du tust, alle deine Berührungen, deine Bewegungen, deine Küsse, bezwecken letztendlich einen Orgasmus. Und dies möglichst rasch, möglichst ohne Umwege.
Nur: Wenn es bei einem von euch beiden mal nicht klappt mit dem Orgasmus, entsteht Druck. Vielleicht nicht beim ersten Mal, aber ganz sicher verändert sich der Grad der Entspannung beim dritten oder vierten Mal der orgasmuslosen Begegnung. Nun wird Sex nicht mehr zu einem Ereignis, das euch zusammenschweisst und entspannt, sondern zum puren Stress — und irgendwann zum Streitobjekt.
Deshalb kannst du dich auch fragen, wie die sexuelle Begegnung mit deinem Partner gestaltet werden müsste, damit eure Begegnung auch ohne Orgasmus zu einem liebevollen und prickelnden Erlebnis werden kann.
TIPP:
Teile deinem Partner mit, dass es Zeit ist, dass du dich beim nächsten Mal auf seine Berührungen und die Empfindungen, die in dir ausgelöst werden, konzentrieren möchtest. Dass dein Fokus nicht auf dem Orgasmus liegt. Dass du sogar versuchst, NICHT zu kommen! (Ein Stirnrunzeln als Antwort ist nicht auszuschliessen…). Dass es dir darum geht, einen bewussten und liebevollen Raum für euch zu schaffen, wo ihr euch begegnen könnt. Ein Raum, in dem ihr euch berührt, erfahrt, austauscht. Du wünschst dir Sex, der anders ist. Vertrauter. Intimer.
Falls du (zu) schnell zum Orgasmus kommst, ist es hilfreich, die Augen während dem Sex offen zu halten. Es ist im Normalfall schwieriger, mit geöffneten Augen zum Orgasmus zu kommen als mit geschlossenen Augen.
Falls du unter Impotenz leidest, könnte der Fokus weg vom Orgasmus eine positive Veränderung nach sich ziehen. Impotenz hängt nicht selten mit Leistungsdruck, Angst zu versagen oder dem Gefühl von Unzulänglichkeit zusammen.
Impotenz kann aber auch durch übermässigen Pornokonsum ausgelöst werden. Wenn dein Partner an vollbusige, heisse Blondinen gewöhnt ist, die nur schon beim Anblick eines erigierten Penis in lautes Stöhnen ausbrechen und die nach schnellem und hartem Sex lechzen, kannst du als vollschlanke, flachbrüstige Brünette mit moderaten Sexwünschen deinen Partner kaum mehr sexuell reizen.
7) Erkenne den Wert deiner Brüste
Diana Richardson beschreibt im Buch «Zeit für Weiblichkeit» sehr anschaulich, welche Bedeutung die weiblichen Brüste für das sexuelle Erleben haben und wie diese der Schlüssel zur sexuellen Erfüllung und zum Orgasmus sind. Wenn du mehr dazu wissen möchtest, kann ich dir das Buch von Diana Richardson sehr empfehlen.
Hier eine erste Möglichkeit, die Sinnlichkeit deiner Brüste zu erfahren:
Bitte deinen Partner, SANFT deine Brüste zu berühren. Zeige ihm, wie du es magst, an den Brüsten angefasst zu werden. Auch an den Brustwarzen. Die Hände deines Partners sollten sich dabei wie eine Feder anfühlen.
Ganz leicht und sanft gibt er, du empfängst. 15–20 Minuten lang.
Anschliessend zeigt dein Partner dir, wie er seinen Penis und seine Hoden berührt haben möchte. Auch hier gilt: Weniger Druck und langsamere Bewegungen sind mehr. Diesmal gibst du und dein Partner empfängt.
Weiterführende Artikel zum Thema Sexualität:
PDF zum Herunterladen
Das PDF mit den 7 Schlüsseln zu einer erfüllenden Sexualität steht hier zum Download bereit.
Literaturempfehlung
Für Therapeuten empfehle ich die folgenden beiden Bücher des Paar- und Sexualtherapeuten David Schnarch:
- David Schnarch: Die Psychologie sexueller Leidenschaft
- David Schnarch: Intimität und Verlangen
Falls du dich mit deiner Sexualität und mit den Möglichkeiten, diese zu verbessern, auseinandersetzen möchtest, sind die Bücher von Diana Richardson ein guter Einstieg:
- Diana Richardson: Zeit für Weiblichkeit
- Diana Richardson: Zeit für Männlichkeit